Unsere Lieblingsbücher

Für Lulu ist jetzt alles anders

Bildquelle:Patmos Verlag
Für Lulu ist jetzt alles anders
Von Petra Fitzek
und Mechthild Weiling-Bäcker
32 Seiten
1. Aufl. 2014
Patmos Verlag
12,99€



Ich habe sehr lange überlegt ob ich dieses Buch vorstellen soll.
Als ich es das erste Mal in die Hand bekam war ich fasziniert von der Ausstrahlungskraft des Titelbildes, dass durch die Farbwahl sehr viel Wärme ausstrahlt und durch den Gesichtsausdruck des Kindes sehr nachdenklich, nicht traurig, ehr gedankenverloren.

Es hat mich in den Bann gezogen. Einfach so.
Um es vor weg zu nehmen, ich finde dieses Buch, auf seine ganz eigene Weise sehr gut!
Wieso? Bitte weiter lesen!!
Ich ging damals sehr unbefangen an dieses Buch heran, kannte den Inhalt nicht. Auch nicht die kurze Inhaltsangabe oder ähnliches.
Als ich das Buch aufschlug erwartete mich eine fröhliche,  ausgelassene Stimmung. Eine große Wiese auf der Kinder ausgelassen spielten. in lustig aussehender alter Mann der grade eine Tischdecke auf einen Tisch wirft. Eine Frau, die Tassen und Teller jongliert, sogar auf dem Kopf. Eine buntes Getümmel, das Spaß mach anzusehen.
In der Geschichte erfahren wir, Lulu in diesem Tal wohnt. Sie wohnt dort mit allen Leuten die sie liebt. Sie erzählt von ihren Freunden und Benno, der so gut kocht und sie abends zudeckt und ihre eine Gute Nacht Geschichte vorliest.
Doch schon auf der nächsten Doppelseite ist es nicht mehr ganz so gemütlich.
Es wird nicht richtig schlimm. Doch auf der linken Seite zieht ein Sturm auf, der  sich wie eine Welle über die Häuser legt, quasi einfüllt. Auf der rechten Seite ist es noch hell. Lulu steht auf einer leichten Anhöhe und schaut ins Tal.  
In der Geschichte wird erzählt, das aus der Ferne ein Sturm heranzieht. Das sich Bäume und Sträucher biegen. Lulu rennt zurück zu ihren Freunden.
Auf der folgenden Doppelseite werden wir in einen wahren Wirbelsturm hineingerissen.
Das Bild so plastisch, dass man das Gefühl hat selbst hineingezogen zu werden. Emerson, der alte Mann hält Lulu an einer Hand fest, die kopfüber über ihm hängt. Hühner, Teekanne und Lulus Freunde hat der Sturm in den Wirbel mitgerissen. Trotz aller Dramatik wirkt das Bild nicht zu sehr beängstigend . Das liegt jedoch wohl ehr daran, dass man noch nicht ahnt was einen auf den nächsten Seiten erwartet.
Wieder eine Doppelseite weiter ist der Sturm vorüber.
Die warmen Farben der vergangenen Seiten sind verschwunden.
Der Hintergrund das einfache weiße Blatt. schmale Holzstücke, kleine Äste liegen herum. Emerson hält Lulu fest im Arm.
Im Hintergrund sind kleine Landfetzten zu erkennen. Nicht mehr saftig grün sondern in dunklen, trüben Grüntönen. Über jeder der Landfetzten hängt das Bild eines von Lulus Freunden. Auch von Benno.
Die Geschichte erzählt uns, dass Lulu jetzt bei Emerson wohnt und alle anderen, die sie lieb hatte in fremden Tälern sind, die so weit weg sind, dass man sie nicht besuchen kann.
Lulu ist wütend über den Sturm, der alles zerstörte. Emerson versucht sie zu trösten.
Auf der linken Seite der folgenden Doppelseite empfängt uns ein etwas versöhnliches Bild.
Mehrere bunte Elemente, ähnlich zerbrochenem Spiegelglas   sind zu erkennen. In einem dieser Splitter sehen wir Lulu, die eingekuschelt im Bett liegt und schläft.
In dem Splitter über ihr etwas größer erkennen wir Benno der auf Lulu hinunter schaut. Eine friedliche, versöhnliche Stimmung, die je doch auf der rechten Seite von der Realität eingeholt wird. Lulu weint. Über ihr kann man den Flügel eines großen blau, lila schimmernden Vogels erkennen.
Auf der linken Seite der folgenden Doppelseite erkennen wir noch einige der Splitter in Blautönen. ansonsten ist diese Seite von Text bestimmt über dem der Schatten des Flügels zu erkennen ist.
Die Rechte Seite verzaubert uns. Von ganz rechts oben kommen Sonnenstrahlen auf den Betrachter zu, die sich ihren Weg durch weiche Wolkenberge ihren Weg suchen. Ein riesiger Vogel fliegt der Sonne entgegen. Auf ihm sitzt winzig klein Lulu.
Die Geschichte erzählt von einem Adler der sich der weinenden Lulu annimmt und sie fragt wieso sie so traurig ist. Lulu erzählt von Benno und Karla und den anderen, die sie vermisst und zu denen sie möchte. Aber auch der Adler kann ihr dabei nicht helfen doch er nimmt Lulu mit um ihr etwas Schönes zu zeigen..
Die nächsten Seiten werden wieder bunt.
Der Adler landet auf einer großen grünen Wiese. Überall blühen bunte Blumen. Kinder singen und spielen, so wie früher Lulu mit ihren Freunden.
Lulu wird von den Kindern eingeladen mit ihnen zu spielen, zu bauen, zu lachen zu singen.
Blättert man um geht diese muntere, fröhliche Stimmung weiter. Lulu isst mit den anderen Kindern, so wie sie es früher mit ihren Freunden machte. Eine bunte ausgelassene Runde.
Es gibt dicke Nudeln mit Apfelmus, Möhrensalat und Pudding mit bunten Streuseln.
Man hat das Gefühl, alles wird jetzt gut. Innerlich atmet man  als Betrachter wieder . Erfreut sich an dem bunten auf Treiben.
Wir blättern wieder einmal um und sehen große Kindergesichter mit noch größeren  müden, verträumten Augen,.Eng aneinander gekuschelt.
Es sieht gemütlich aus und dennoch ist da etwas, dass ich hier nicht beschreiben kann eine etwas wehmütige Stimmung, so wie ein Halt in einer Traurigkeit.
Wir erfahren, dass sich nach dem Essen alle in einer Höhle zum ausruhen aneinander kuscheln und erzählen. Lulu erzählt, dass sie traurig ist und von dem Sturm der ihr die Freunde nahm.
Angesichts dieser Geschichte könnte man die Gesichter mit Betroffenheit interpretieren.
Auf den folgenden zwei Seitensehen wir den großen Adler. Auf ihm sitzt Lulu, die ihren am Boden stehenden neuen Freunden zuwinkt. Es ist ein sehr phantastisch wirkendes Bild das trotz der Abschiedsszene nicht traurig wirkt. Ganz im Gegenteil.
Der Tag war schön erzählt Lulu dem Adler, der ihr eine seiner Federn schenkt, als Erinnerung an diesen Tag.
Wir blättern erneut um. Vielleicht haben wir den Gedanken: "Wieso bleibt Lulu nicht da? Ob sie wohl Emerson holt und mit ihm gemeinsam zu den neuen Freunden zieht?"
Diese Doppelseite ist bunt. Lulu steht, wie damals kurz vor dem Sturm auf einer Anhöhe und Blickt ins Tal.
In Gedanken ist sie bei ihren alten Freunden.
Auf der rechten Bildseite sehen wir über den Wiesen des Tals drei große Blasen. In jeder ist eine Szene, die Lulu mit ihren Freunden erlebte. Sie erinnert sich an Karla und das Schneckenrennen, An Benno auf dessen Rücken sie immer gerne getragen wurde und Johnan mit dem sie vieles baute.
Ein Bild voller Zuversicht, gar nicht mehr wehmütig.
Lulu nimmt die Feder des Adlers überall mit hin.
Die großen Blasen dieser Seite ziehen weiter in die Nacht. Auf den folgenden Seiten empfängt uns deshalb ein wunderbarer weicher dunkler, blauer Himmel mit leuchtend gelben Sternen und den Mond, der Himmel erhellt.
In den Blasen erkennen wir wieder Szenen aus Lulus Erinnerungen. und ganz in der Ferne, ganz rechts oben schwebt über allem der Adler. Ganz klein wirkt er bei den übermächtigen großen bunten Gedankenblasen.
Die Geschichte endet mit dem Satz "......ganz egal, wo sie schläft", und bezieht sich auf die Seite davor, in der erzählt wird, das Lulu die Feder überall  mit hin nimmt.

Hätte ich jetzt nicht erwähnt, das die Geschichte endet, was hätten sie gedacht wenn ich meine Beschreibung ohne diese Bemerkung aufgehört hätte?

Vermutlich hätten sie gefragt, ja und ?
Ja, wie geht es nun weiter?

Die Geschichte lässt uns fragend zurück.
Was ist mit Emerson. Wo wohnt Lulu jetzt?
Wie sieht ihre Leben mit Emerson aus, wenn sie überhaupt wirklich bei ihm ist?
Wieso machen die beiden sich nicht auf die Suche nach den Freunden?

Fragen über Fragen, die sich mir als Erwachsener stellen.
Ich fragte mich wie dieses Buch auf Kinder wirkt. Gehen sie auch so emotional und auch rational fragend an diese Geschichte, wie ich?

Kann man Kindern diese Geschichte, die mich so allein da stehen lässt, so ohne richtiges Ende, erzählen?
Wie wirken die Bilder auf die Kinder.
Haben sie vielleicht sogar Angst nach dieser Geschichte?
Kommt die Botschaft wirklich rüber, die dieses Buch vermitteln möchte?

Was steht hinten auf dem Buch?
"Eine warmherzige Geschichte, die Kindern hilft, mit einer einschneidende Veränderung umzugehen."

......."Aber zum Glück gibt es jemanden, der ihr zeigt, dass es auch in ihrem neuen Leben viel Schönes gibt."

Nun bin ich ja auch Sozialpädagogin und Mutter von immerhin 7 Kindern. Auch in unserem Leben hat es Situationen gegeben, in denen unsere so heile Welt durcheinandergerüttelt wurde. Wir uns neu finden und auch Verluste akzeptieren mussten.
Aber wir waren nie allein.

Gut, Lulu ist auch nicht so ganz allein, sie hat Emerson, aber der taucht nach dem Besuch des Adlers gar nicht mehr in der Geschichte auf, auch nicht in den Bildern.

Ich fühlte mich am Ende der Geschichte allein. Sehr allein. Ein fragendes, hilfloses Gefühl.
Kann ich so eine Geschichte nun Kindern, kleinen Kindern  vorlesen/erzählen?
Und wenn ja ab welchem Alter?
Das Buch steht in der Bücherei bei normalerweise bei den anderen Bilderbüchern. Das bedeutet, jedes Kind kann es herausnehmen und ansehen, auch ohne Erwachsene unter umständen.
Wenn es damit dann zu den Eltern kommt und fragt, wie reagiert ein unvorbereiteter Erwachsener darauf?

So stand ich lange in dem Zwiespalt zwischen meiner Faszination für das Buch und meinen Bedenken.

Fazit:
Man sollte als Erwachsener nicht soviel denken!!
Kinder gehen ganz anders an die Geschichte heran. Lesen und verstehen anders zwischen den Zeilen als ich Erwachsener.

Kinder verstehen die Botschaft!

Ich habe den Versuch gemacht!
Die Kinder hatten zwar genau die Fragen, die ich auch hatte aber da ich vorbereitet war konnte ich die Gespräche lenken und das Positive daraus ziehen und verstärken.
Das Buch bietet nämlich etwas ganz Besonderes.
Ein offenes Ende!
Ein offenes Ende, dass uns die Freiheit gibt unser eigenes Ende zu denken, zu erfinden und so die Hoffnung, für sich selbst herausarbeiten.

Wir haben mit den Kindern  ( Altersgruppe 5 bis 7 Jahre) eigene Enden erfunden und in vielen Bildern auch für den fremden Betrachter bildlich zum Leben erweckt.

Es ist also ein Buch, das man gezielt in Situationen einsetzten kann, in denen ein Kind in der Situation der Neuorientierung ist.
Mit Hilfe dieses Buches öffne ich im besten Fall eine Tür zu dem, oftmals verschlossenen Kind.
Ich öffne, und biete dem Kind einen Anreiz in Lulus Gefühlswelt einzutauchen. Das Kind findet sich in der Geschichte wieder und im besten Fall auch Wege aus dem Dunkeln, so wie Lulu und so wie unsere "Test"Kinder.

Nachdem ich dieses Buch nun schon unzählige male eingesetzt habe, es in und auswendig kenne hinterlässt es bei mir immer noch eine melancholische Stimmung.
Aber ich weiß auch, dass es bei den Kindern  Kreativität auslösen kann.

Ein Buch, das beim ersten Mal, immer in Begleitung gelesen/betrachtet werden sollte.

Ein wunderschönes Buch!!!